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Einen Forschungsschwerpunkt der Abteilung Frühe Neuzeit stellen „Körpertechniken“ dar, d. h. der historisch wandelbare, kulturell strukturierte, instrumentelle Gebrauch des Körpers in all seinen Facetten. Der von Marcel Mauss eingeführte Begriff ist dabei sehr viel breiter angelegt als das wettkampforientierte Konzept des „Sports“ oder die gesundheitsorientierten „Leibesübungen“. Körpertechniken können jedoch ebenso wie diese als Linse und Symptom für die Untersuchung individueller wie gesellschaftlicher Entwicklungen und Konfliktfelder dienen sowie in ihrer Funktion als Erkenntnisquelle (embodiment) und prozedurales (Körper-)Gedächtnis untersucht werden. Da den historisch arbeitenden Wissenschaften vergangene Körperhaltungen und -bewegungen nur mittelbar durch Bild- und Textquellen gegeben sind, spielt die Analyse von Darstellungsformen als auch deren Rückwirkungen auf Körpererfahrung eine wichtige Rolle.

Dabei interessiere ich mich besonders für Praktiken, die zwischen einem instrumentellen Einsatz des Körpers und freiwilligen körperlichen Aktivitäten wie Laufen, Tauchen und Schwimmen oszillieren (siehe neben diversen Aufsätzen den Ausstellungskatalog „Bewegtes Leben“, 2008). Darüber hinaus plädiere ich für eine tiefere Einbettung sportlicher Praktiken des 16. bis 18. Jahrhunderts in frühneuzeitliche Kontexte (und Historiographien) sowie für die Berücksichtigung multidirektionaler Transfers und Aneignungen, um nicht nur eine modernisierungstheoretische Perspektive, sondern auch die Dominanz des britischen Falls zu überwinden. Die Sammelbände zu „Sports and Physical Exercise in Early Modern Culture“ (2016) sowie „A Cultural History of Sport in the Age of Enlightenment“ (2021) können als Schritte in diese Richtung gesehen werden.

 

Publikationen zum Themenbereich „Körpertechniken“/ „Sport“/ „Leibesübungen“

(für aktuelle Vorträge & Downloads siehe academia.edu)

 

Rebekka v. Mallinckrodt

  • A Cultural History of Sport in the Age of Enlightenment 1650-1800 = Bd. 4 der 6-bändigen Cultural History of Sports, London: Bloomsbury 2021, 249 S., 47 Abb.
  • Introduction, in: ebd., S. 1-27.
  • Sporting Time and Sporting Space (gemeinsam mit Angela Schattner), in: ebd., S. 51-76.
  • Inclusion, Exclusion, and Segregation [„Race, Class, Gender“], in: ebd., S. 137-160.
  • Attractive or Repugnant? Foot Races in Eighteenth-Century Germany and Britain, in: Marlo A. Burks/ John Zilcosky (Hgg.): The Allure of Sports in Western Culture, Toronto: University of Toronto Press 2019, S. 145-167.
  • Schwimmende Prinzen und schwimmende Revolutionäre. Zur politischen Ikonologie einer Körpertechnik, in: Mariacarla Gadebusch Bondio/ Beate Kellner/ Ulrich Pfisterer (Hgg.): Die Macht der Natur – gemachte Natur. Realitäten und Fiktionen des Herrscherkörpers zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit, Florenz: Sismel 2019, S. 301-342.
  • Außer sich sein – bei sich sein – über sich hinauswachsen. Schwimmen als Praktik der Subjektivierung im langen 18. Jahrhundert, in: Michael Hohlstein/ Rudolf Schlögl/ Isabelle Schürch (Hgg.): Der Mensch in der Gesellschaft. Zur Vorgeschichte des modernen Subjekts in der Frühen Neuzeit, Paderborn: Schöningh 2019, S. 209-232.
  • Exploring Underwater Worlds. Diving in the Late Seventeenth-/ Early Eighteenth-Century British Empire, in: Daniela Hacke/ Paul P. Musselwhite (Hgg.): Empire of Senses. Sensory Practices of Colonialism in Early America, Leiden: Brill 2017, S. 300–322.   
  • Frühneuzeitliche Sportgeschichte 2.0, in: Themenheft „Neue Wege der Frühneuzeitgeschichte“, hg. von Wolfgang Behringer und Justus Nipperdey, Frühneuzeit-Info 28 (2017), S. 117–129. 
  • Sports and Physical Exercise in Early Modern Culture. New Perspectives on the History of Sports and Motion, London: Routledge 2016 (gemeinsam mit Angela Schattner), 272 S.
  • Introduction (gemeinsam mit Angela Schattner), in: ebd., S. 1–17.
  • French Enlightenment Swimming, in: ebd., S. 231–251.
  • Taucherglocken, U-Boote und Aquanauten – Die Erschließung der Meere im 17. Jahrhundert zwischen Utopie und Experiment, in: Karin Friedrich (Hg.): Die Erschließung des Raumes. Konstruktion, Imagination und Darstellung von Räumen und Grenzen im Barockzeitalter (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 51), Wiesbaden: Harrassowitz 2014, S. 337–354.
  • Beschleunigung in der Sattelzeit? – Sportliche, medizinische und soziale Perspektiven auf den Wettlauf um 1800, in: Achim Landwehr (Hg.): Frühe Neue Zeiten. Zeitwissen zwischen Reformation und Revolution, Bielefeld: transcript 2012, S. 83–104.
  • GutsMuths Schwimmkonzepte im europäischen Vergleich, in: Michael Krüger (Hg.): Johann Christoph Friedrich GutsMuths (1759–1839) und die philanthropische Bewegung in Deutschland, Hamburg: Feldhaus 2010, S. 67–77.
  • Artikel „Laufen”, „Leibesübungen”, „Ringen“, „Rudern“, „Schießen“, „Schwimmen“, „Tauchen“, „Tennis“, „Turnier“ und „Wettkampf“ in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 7 (2008), Bd. 11 (2010), Bd. 13 (2011) und Bd. 14 (2011);
    die Artikel sind auch in der Online-Ausgabe sowie in englischer Übersetzung in der Encyclopedia of Early Modern History (Brill) zu finden.
  • Bewegtes Leben – Körpertechniken in der Frühen Neuzeit, Katalog zur Ausstellung in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 29. Juni bis 16. November 2008, Wiesbaden: Harrassowitz 2008, 384 S., 181 Abb.
  • Einführung: Körpertechniken in der Frühen Neuzeit, in: ebd., S. 1–14.
  • Oronzio de Bernardi und die Neubegründung der Schwimmkunst im 18. Jahrhundert, in: ebd., S. 231–245.
  • Leibesübungen, in: ebd., S. 303–316.
  • Schwimmtraktate der Frühen Neuzeit, in: ebd., S. 366–375.
  • „Man entsage dem Betruge der misgeleiteten Vernunft (…) so wird man sehen, daß man schwimmen kann.“ – Schwimmpraktiken und -debatten im 18. Jahrhundert, in: Werkstatt Geschichte 44 (2006), S. 7–26.
  • Bewegte Geschichte. Plädoyer für eine verstärkte Integration und konzeptuelle Erweiterung der Sportgeschichte in die frühneuzeitliche Geschichtswissenschaft, in: Historische Anthropologie 1 (2004), S. 134–139.

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